Das H steht für historisch: Mindestens 30 Jahre alte Autos können das H-Kennzeichen tragen, wenn sie dem Amtsdeutsch nach zu den „erhaltenswerten kraftfahrzeugtechnischen Kulturgütern“ gehören.
Die so zum Oldtimer avancierten Modelle bekommen 2015 prominenten Zuwachs – so die chromblitzende W 126er S-Klasse und den Ferrari Testarossa. Auch der Trabant wird zum Oldtimer.
Die neuen H-Modelle
H-Kennzeichen sind Auszeichnung und Schmuck. Darüber hinaus sind sie Türöffner für den Klub der Klassiker, die mit nützlichen Privilegien ausgestattet sind. Dazu gehören ein einheitlicher und niedriger Steuersatz von gegenwärtig 191 Euro, aber auch preisgünstige Oldtimerversicherungen. Zur Freude der Besitzer von alten Autos ohne Katalysator und betagten Dieseln haben die Oldies auch freie Fahrt in Umweltzonen – ganz ohne Feinstaubplakette.
In den erlauchten Kreis treten auch die Fahrzeuge ein, die im Jahr 1985 auf der renommierten Frankfurter IAA debütiert hatten. Damals waren es nicht so sehr vernunftbetonte Kraftfahrzeuge, sondern Vmax-Racer – Vertreter eines spektakulären Vierventil-Segments mit bis dato fantastischen Leistungsparametern. Besonders erwähnenswert ist der Lamborghini Countach S quattrovalvole. Mit fetten 455 PS überbot er den gleichfalls vorgefahrenen Porsche 959 um genau 5 Pferdestärken. Dennoch war der Porsche uneingeschränkter Primus – der Zwölfender von Ferrari hatte ihm zu wenig entgegenzusetzen.
Längst schon boten die Flitzer aus dem mittelitalienischen Maranello nicht mehr das Nonplusultra: Wenn es um Tempo ging, schoss der BMW M5 in winzigen 6,5 Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometer.
Nur minimal langsamer als der Vierventil-Sechszylinder war das 16-V-Kraftwerk im 1985 brandneuen BMW M3.
Im selben Jahr begaben sich die deutlich erschwinglicheren VW Scirocco GTI 16V und Golf GTI 16V auf Opel-Manta-Jagd. Billig waren damals die Aufkleber mit 16-V-Logo Sie waren an jeder Tankstelle verfügbar und wurden sogar zur Aufrüstung diverser rostender Käfer verwendet.
Scharfe Cabriolets
Vor 30 Jahren galt die Kombination aus Vierradantrieb und Vierventil-Technologie als besonders trendy – vielleicht, weil bis dato die heißesten Rallyeautos derart angetrieben worden waren. Der Ford RS 200 (bis 650 PS), der Peugeot 205 Turbo 16 Evo 2 (450 PS), der MG Metro 6R4 (416 PS) und der Lancia Delta S4 (250 PS bis 400 PS) waren aufgefahren, als WRC-Homologationsmodelle eine neue Rallyetechnik auf die Straßen zu bringen, wie sie in der Klasse der Kompaktwagen bis dahin überhaupt noch nie gesichtet worden war.
Gegen den ganzen Hype wirkten die spoilerbewehrten, flotten Kleinwagen à la Fiat Uno Turbo i.e. (105 PS), Mazda 323 Turbo GT 4WD (140 PS), Citroën Visa GTI (105 PS) und Renault 5 GT Turbo (115 PS) schon beinahe piefig.
Zwar drohten 1985 Tempolimitdiskussionen und die Katalysatorpflicht, dennoch sorgte neben Vierventilern und Vierradantrieben der absolute Spaß am Offenfahren beinahe für ausgelassene Volksfeststimmung. Waren die fliegenden Fahnen der Sonnenanbeter bis dahin von vereinzelten Modellen mit Überrollbügeln, alten Roadstern à la Fiat 124 oder von unverschämt teuren Luxuslinern hochgehalten worden, kamen jetzt zahlreiche Luftikusse aus beinahe allen Kraftfahrzeugklassen – sogar Cabriolet-Oldies wie die schon 1971 vorgestellte Mercedes-SL-Reihe R 107 wurden aufgehübscht.
1985 machten neue Sechs- und Achtzylinder-Motoren die Longseller vom Mercedes-Benz – vom 500 SL über den 420 SL bis zum 300 SL – so sehr begehrenswert. Gleiches traf auch auf die SEC-Coupés und die S-Klasse-Limousinen zu, die sich nun ebenfalls in die Riege der heutigen Oldtimer-Modelle einreihen.
Seltener Saab und T-Roof-Toyota
Neben den viersitzigen Vollcabrios von BMW (325i) löste auch der Saab (900 Turbo) 1985 sowohl in Europa als auch in Übersee einen besonderen Hype aus. Dem konnten auch die fix importierten Ford Mustang und Chrysler Le Baron nichts entgegensetzen. Beim Saab kam es zu eindrucksvollen Lieferzeiten von bis zu 2 Jahren – Synonym für einen bis heute andauernden Kultstatus. So liegen die Kaufpreise heutzutage deutlich über den damaligen Neupreisen.
Aber auch Kleine waren groß im Kommen, so etwa der Peugeot 205 Cabrio oder MR2 von Toyota. Der Toyota MR2 punktete mit seinem herausnehmbaren T-Roof.
Auch Lifestyle Stars wie die Kombi-Coupés Volvo 480 ES und der Honda Accord Aerodeck, der seltene Kunststoffkeil Pontiac Fiero GT 2.8 V6, der superschnelle Nissan 300 ZX 24V Turbo und der Zweitürer Volvo 780 gehören heuer zu den Oldtimern.
Bliebe noch der kleine Lancia Ypsilon, der Seat Malaga, der Peugeot 309, der Toyota Starlet, der kompakte Nissan Sunny und natürlich der Opel Rekord zu erwähnen und die sinnige Feststellung zu machen: Wie doch die Zeit vergeht …